Das was hier passiert ist, kann man mittlerweile nur noch als Realsatire sehen, meinen die Bürger von Arfeld und haben zwei Satirevideos produziert, mit denen sie ihren Unmut über die Art der Ausführung der Sanierung der Ederbrücke im Verlauf der Stedenhofstraße zum Ausdruck bringen.
Nach Auffassung der Arfelder ist eine Verwaltung für den Bürger da - in diesem Fall aber fühlen sich die Bewohner der Ortschaft nicht nur ignoriert, sondern regelrecht hintergangen. "Man muss sich über Politikverdrossenheit nicht wundern, wenn wie in diesem Fall eine Verwaltung aktiv daraufhin arbeitet", ist die Meinung im Ort.
Diese Ederbrücke wurde vor knapp 40 Jahren gebaut. Im Vergleich mit den angrenzenden Straßen ist sie deutlich überdimensioniert. Geschuldet war das der damaligen "Hoffnung" auf den Bau der geplanten Autobahn A4 mit einer Anschlussstelle in der Nähe - quasi vorausplanend als Autobahnzubringer. Diese Pläne sind schon längst nicht umgesetzte Geschichte, aber die Bürger Arfelds müssen seitdem mit diesem Bauwerk leben. Besonders störend: die Leitplanken auf der Brücke, die Fußgänger ohne jede Ausweichmöglichkeit auf die Fahrbahn zwingen.
Die Strecke liegt außerhalb geschlossener Ortschaft, so dass hier trotz des uneinsichtigen Kurvenverlaufs 100 km/h Fahrgeschwindigkeit erlaubt sind. Es betrifft gerade einmal knapp 300m zwischen Ortsende und der nächsten Querstraße.
Zugleich wird die Brücke aber auch häufig von Fußgängern und Radfahrern aller Altersgruppen genutzt - Arfeld ist nun mal eine durch die Eder getrennte Ortschaft mit Siedlungsgebieten auf beiden Seiten - so sind die beiden vorhandenen Brücken in der Ortschaft wichtige Verbindungen für alle Verkehrsteilnehmer.
Zur störenden Leitplanke muss man wissen, dass diese dort gemäß Vorschrift montiert sein muss, da im Verlauf der Brücke eine höhere Fahrgeschwindigkeit als 50 km/h erlaubt ist.
Versuche der Bürger vor 30 Jahren, an dieser Stelle eine vorgeschriebene Reduzierung der Fahrgeschwindigkeit zur Verbesserung der Fußgänger- und Radfahrersicherheit zu erwirken, sind schon damals gescheitert - zu einer Zeit, in der sich Verkehrspolitik bundesweit noch sehr stark am Automobil orientiert hat, eher verständlich als heute.
Und plötzlich standen sie da - die Schilder der Straßensperrung. Auch der Ortsvorsteher wusste nichts von der bevorstehenden Sanierung zweier Brücken. Die Nachfrage beim zuständigen Straßenbauträger ergibt, dass bei solcherlei Planungen eine Beteiligung des Ortsvorstehers oder gar betroffener Bürger explizit nicht vorgesehen ist. Dies seien sogenannte "Behördentermine", heißt wohl übersetzt "das machen die Behörden schön unter sich aus, von wegen Dienstleistung für den Bürger, die machen nur Arbeit".
Dies gilt auch für die Verkehrsschauen, die im Rahmen der Baumaßnahmen erforderlich sind.
Fun Fact am Rande: die fehlende örtliche Expertise bei der "wir Behörden bleiben lieber unter uns" - Planung für die Umleitungsstrecken führte dazu, dass ein überregionaler Radweg, der ebenfalls über eine der zu sanierenden, gesperrten Brücke führt, einfach mal vergessen wurde. Damit gab es keine Umleitung für die betroffenen Radfahrer! Die scheitern dann bei schönstem Wetter frustriert vor der Sperrung und müssen umkehren.
Jahrelang hatte die Überquerung der Brücke aufgrund der Leitplanken, die Fußgänger auf die Straße zwingen, für Unbehagen gesorgt. Um so verständlicher, dass die betroffenen Bürger nun die Hoffnung haben, dass diese im Rahmen der Sanierung nun entfallen könnten, zumal die Straße mittlerweile nicht mehr die Bedeutung hat, für die sie vor 40 Jahren geplant und gebaut wurde.
Der Landesbetrieb Straßen NRW ist für die Bauausführung zuständig und teilt auf Anfrage mit, dass die Planungen eine Wiederherstellung der Brücke nach der kompletten Sanierung im vorherigen Zustand vorsehen, also inkl. der Leitplanken. Diese seien auf freier Strecke als zusätzliche Absturzsicherung baulich vorgeschrieben. Ansonsten teilt der Landesbetrieb mit, dass für die Planungen der Kreis Siegen-Wittgenstein zuständig sei, da es sich ja um eine Kreisstraße handelt.
Zwischenzeitlich haben Recherchen des Ortsvorstehers ergeben, dass ein Entfall der Leitplanken dann möglich wäre, wenn die Höchstgeschwindigkeit im Bereich der Brücke auf 50 km/h beschränkt würde - in den Augen der Bürger eh wünschenswert, um die Sicherheit zu erhöhen. Und da es zwischen Ortsausgang (max. 50 km/h) und der nächsten Querstraße (fast Stillstand, da Vorfahrt zu achten) gerade mal 290 m sind, wäre ein Entfall der Möglichkeit, 100 km/h zu fahren, ein nahezu vollständig zu verlässigender Nachteil für motorisierte Verkehrsteilnehmer. Ebenfalls ein Argument der Bürger: durch eine gleichmäßigere Geschwindigkeit würden unnütze Beschleunigungs- und Bremsvorgänge vermieden, was der Umwelt zugute käme (weniger Lärm, weniger Spritverbrauch und Abgase). Doch aus der Kreisverwaltung kommen dazu keine positiven Signale.
Nachdem der Bürgerwunsch bei den zuständigen Behörden auf kein offenes Ohr trifft, entschließen sich die Arfelder, das Thema öffentlich zu machen. Zeitungen und Radio berichten.
Radio Siegen widmet dem Thema vier Einspielungen in den Nachrichten am 09. September 2024:
Um 06:30 Uhr:
Um 07:30 Uhr:
Um 08:30 Uhr:
Um 09:30 Uhr:
Nachdem es aus der Kreisverwaltung keine Signale gab, sich im Sinne des Bürgerwunsches mit der Situation vor Ort auseinanderzusetzen, hat sich der Ortsvorsteher Kai-Uwe Jochims auf Wunsch der Bürger direkt an den Chef der Kreisverwaltung, Landrat Andreas Müller, gewandt. Jochims hat in einem per e-Mail am 01. Oktober 2024 übersandten Schreiben die Situation vor Ort und die Vorschläge der Bürger ausführlich erläutert.
10 Tage später antwortet der Landrat mit einem ausführlichen und von ihm persönlich unterzeichneten Schreiben. In diesem Schreiben begründet er die Antwortzeit von 10 Tagen mit der lobenswerten Tatsache, fundiert antworten zu wollen. (Kleiner Spoiler: mit Blick auf die fertiggestellte Brücke lässt sich diese Fundiertheit heute in Zweifel ziehen).
Landrat Müller hatte das Ergebnis einer erneuten Verkehrsschau vor Ort abgewartet und nutzt die Ergebnisse dieser für seine Argumentation.
Demnach sieht die Kreisverwaltung keine Veranlassung das Tempo zu reduzieren, da die Situation übersichtlich ist. Gebaut wird bei dieser Einschätzung auf die allgemeine Rücksichtnahme der motorisierten Verkehrsteilnehmer, die verantwortungsbewusst auf die vorhandenen Verkehrszeichen und mögliche unklare Verkehrssituationen reagieren.
Etwas fragwürdig erscheint den betroffenen Bürgern aber die Rolle der Kreispolizeibehörde in der Verkehrsschau. Aktive Polizeibeamten schätzen im Gespräch die Situation auf der Brücke als potentiell gefährlich ein und merken an, dass aus ihrer Erfahrung eher nicht darauf Verlass ist, dass Verkehrsteilnehmer immer situationsgerecht auf dererlei Beschilderungen reagieren. Gerade die Personengruppe, die das Angebot nutzt, hier so beschleunigen zu dürfen, ist erfahrungsgemäß die letzte, die sofort auf Schilder oder unklare Verkehrsituationen mit Temporeduzierung reduziert. Der Vertreter aus der Polizei des Kreises unterstützt aber scheinbar die Einschätzung von Kreisverwaltung und Straßen NRW.
Die Arfelder kritisieren, dass die Betrachtung der Situation ausschließlich aus Sicht des Autofahrers getroffen wird - in die Situation von Fußgängern (z.B. einer Familie mit Kindern und Kinderwagen beim Sonntagsspaziergang) hat man sich offensichtlich nicht versetzt. "Die Verkehrsschau-Kommission hat durchaus Ermessensspielraum - den hat man hier voll dem motorisierten Verkehr gewidmet, einer ewig gestrigen und nicht mehr zeitgemäßen Betrachtungsweise, meinen die Arfelder Bürger: "Warum muss man auf so einem kurzen Stück Vollgas geben können?"
Beteiligt an dieser Verkehrsschau waren auch Vertreter der Kommune - diese sprechen sich aber ebenfalls für die gewünschte Temporeduzierung aus. Die Stadtverwaltung Bad Berleburg plant aktuell einen Radweg, der zur Verbindung zweier Ortsteile über diese Brücke führen wird und sieht daher - wie die betroffenen Bürger - die Notwendigkeit einer Geschwindigkeitsbegrenzung. Mit diesem Wissen betont Landrat Müller in seinem Schreiben dann auch extra, dass die Vertreter der Kommune aber nicht entscheidungsberechtigt sind.
Der Landrat weist darauf hin, dass eine Reduzierung der Geschwindigkeit eine Beeinträchtigung eines durch die StVO geschützten Rechtsgutes darstellt - sprich das Rechtsgut auf schnelles Fahren, und das gelte auch für diese gerade mal 290 m. Er sehe hier keine rechtliche Möglichkeit, dieses einzuschränken.
Recherchen und Gespräche mit Verkehrsexperten zeigen aber, dass das moderne Straßenverkehrsrecht durchaus auch Aspekte des gleichmäßigen Verkehrsflusses und die Vermeidung von Umweltbelastungen kennt. So ist es z.B. innerorts möglich, zwei 30 km/h Bereiche über eine Strecke von bis zu 500 m zu verbinden, auch wenn in diesem Bereich der eigentliche Grund für eine Temporeduzierung gar nicht vorliegt, um den Verkehrsfluss im Sinne der Sicherheit und Umwelt gleichmäßiger zu gestalten. Ähnliche Überlegungen wären nach Expertenmeinung auch im Fall Arfeld anwendbar, zumal hier die Geschwindigkeitsdifferenzen deutlich höher und die Strecke deutlich kürzer sei und zudem auch noch eine Verbesserung der Fußgängersicherheit damit einhergínge.
Viele der betroffenen Bürger äußern den Eindruck, dass diese Verkehrsschau nur als freundliches Signal gegenüber den Bürgern gedacht war und ansonsten die Aufgabe hatte, als Resultat ein Ergebnis zu liefern, dass ein Freibrief für die unveränderte Fortsetzung der Maßnahme darstellt. Denn eine ggf. notwendige Änderung der Planung hätte einen gewissen Aufwand bedeutet, wie Landrat Müller selbst schreibt. Wobei die Bürger Arfelds sich nicht vorstellen können, dass der einfache Wegfall der Leitplanken eines aufwändigen Verfahrens bedurft hätte. Die dafür notwendige Verfügung einer Temporeduzierung auf 50 km/h würde ja auf der Ebene des Verkehrsrechts und nicht des Baurechts erfolgen.
Den Bürgern vor Ort ist die Argumentation des Landrates auch deshalb nicht zu vermitteln, da sie an anderen Stellen im Stadt- und Kreisgebiet immer wieder auf Geschwindigkeitsbegrenzungen von 50 km/h außerhalb der Ortschaften treffen - und das auf höherrangigeren Straßen, übersichtlicheren und längeren Strecken. Eines dieser Beispiel ist nur wenige km entfernt, ebenfalls eine neu sanierte Brücke.
Die Bürger in Arfeld verweisen hierbei unter anderem auf die Ederbrücke in der Nachbarortschaft Dotzlar, die ebenfalls kürzlich saniert wurde. Hier bietet sich genau die Möglichkeit, die sich die Bürger auch für Arfeld gewünscht hätten - eine Brücke ohne Leitplanke, bei der man neben der Fahrbahn auf dem Brückenkörper gehen kann.
Für die Arfelder absolut unverständlich: "warum kann in Dotzlar auf einer Landesstraße, die ja höherrangig und zudem auch übersichtlicher ist, eine Temporeduzierung ermöglicht werden, die bei uns in Arfeld auf wesentlich kürzerer Strecke nicht möglich sein soll?"
Richtig "auf die Palme" bringt die Bürger Arfelds aber der Umgang der Behörden mit ihren Bürgerwünschen. So kommen die ersten Reaktionen vom Landesbetrieb Straßen NRW, der die Brückensanierungsmaßnahme als Baulastträger für die Kreisverwaltung durchführt.
"Warum muss immer erst etwas Schlimmes passieren, bevor Behörden reagieren", ist die berechtigte Frage der Bürger, die die Situation gut kennen, als potentiell sehr gefährlich einschätzen und froh sind, dass dennoch bisher nichts passiert ist. Hier wird auch nochmal klar, dass die hinderlichen Leitplanken nur der Tatsache geschuldet sind, dass Fahrzeuge hier auf diesem gerade mal 290 m langen Streckenabschnitt mit bis zu 100 km/h fahren dürfen.
Hier ist von einem Gehweg die Rede - einer baulichen Maßnahme, die von den Bürgern überhaupt nicht gefordert ist. Richtig zynisch wird es aber, wenn den Bürgern mitgeteilt wird, dass ihr Unbehagen beim Überqueren der Brücke auf der Fahrbahn doch positiv sei - alles andere würde ein "falsches Sicherheitsgefühl" vermitteln. Übersetzt heißt das: "wer Angst hat, ist vorsichtiger".
Aber auch die Reaktionen aus dem Kreishaus werden von den Bürger als realitätsfremd und teils auch sehr zynisch wahrgenommen. So kommt als eine der ersten Reaktionen die Stellungnahme des Kreises Siegen Wittgenstein auf Nachfrage von Radio Siegen (nachzuhören weiter oben in den Originalbeiträgen von Radio Siegen):
"Die Brücke ist für Radfahrer und Fußgänger gar nicht vorgesehen" - eine Aussage, die die reale Situation vor Ort einfach ignoriert. Ist diese Brücke doch eine von zweien, die die Teile der Ortschaft Arfeld diesseits und jenseits der Eder miteinander verbindet, den Zugang zu Spazier- und Wanderwegen, sowie zu Radwegen der Region ermöglicht. Eine Fokussierung auf den Autoverkehr, so wie sie der Kreis hier vertritt, ist eine Verkehrspolitik von gestern, die in Hinblick auf eine angestrebte Verkehrswende auch von der Verwaltung des Kreises überdacht werden sollte.
Aber auch in Teilen des Antwortschreibens von Landrat Müller an Ortsvorsteher Jochims sehen die Bürger eine Geringschätzung ihrer Bedürfnisse.
Da gibt es eine Bushaltestelle hinter der Brücke im Bereich der Strecke, die für die Bewohner der ortsrandnahen Häuser nur über die Brücke entlang der Leitplanke auf der Fahrbahn zu erreichen ist - hier ist die Lösung des Landrates ganz einfach: "Ihr müsst diese Haltestelle doch gar nicht nutzen, das steht euch doch frei". Eine echte Fördermaßnahme für den ÖPNV.
Der vergrößerte Abstand zwischen Brückengeländer und Leitplanke ist eine Maßnahme, die nach aktuellen Bauvorschriften für Inspektion und Wartung der Brücke vorzuhalten ist - lässt sich aber zur Beruhigung der Bürger gut auch als Vorteil für die Fußgänger argumentieren. Auch hier ein kleiner Spoiler: nach Fertigstellung der Sanierungsmaßnahmen zeigt sich dieser vermeintliche Vorteil als nicht nutzbar (s. weiter unten)
Und auch die Leitplanke selbst sei doch ein besonderer Schutz für Fußgänger, da sie die Möglichkeit bietet, Fußgänger und motorisierten Verkehr zu trennen. Auch hier ist zu vermuten, dass diese Aussage nur der Beruhigung der Bürger dienen sollte, da sich diese Aussage (wieder Spoiler) nach Fertigstellung der Sanierungsmaßnahme als falsch herausstellt (s. weiter unten)
Am Donnerstag, 20.03.2025 wurde die sanierte Brücke wieder für den Verkehr freigegeben - nachdem die Arbeiten fast abgeschlossen sind und die Brücke wieder geöffnet ist, straft die endgültige Ausführung der Baumaßnahme viele Aussagen der Behörden und des Landrates Lügen. Wenn man noch einen Tropfen zum Überlaufen des Unmutfasses bei den Bürgern brauchte, dann ist die Erkenntnis der tatsächlichen Situation vor Ort ein ganzer Wasserfall in dieses Fass.
Im folgenden zeigen wir ein paar Bilder von der Situation nach der Sanierung und stellen diese den Aussagen aus dem Schreiben von Landrat Müller gegenüber:
Die Aussage des Landrates: er verspricht in seinem Schreiben einen begehbaren Bereich hinter der Leitplanke zum sicheren Überqueren der Brücke.
Die reale Situation: der begehbare Bereich wäre zwar vorhanden, ist aber kaum zu nutzen, da man vor oder hinter der Brücke entweder über die Leitplanke klettern muss oder zuvor eng am Rande der Böschung entlanggehen muss - ein Randbereich, der erfahrungsgemäß schnell wieder zuwachsen wird.
Für Personen mit Rollator oder Kinderwagen bzw. ältere Leute oder Personen mit Geheinschränkungen ergibt sich keine Chance zur Nutzung.
Die Bürger Arfelds hatten ja den Wunsch geäußert, die Leitplanke entfallen zu lassen - dies wurde u.a. mit dem Argument abgelehnt, dass Veränderungen der baulichen Ausgestaltung mit erheblichem Aufwand im Baurechtsverfahren einhergehen würden.
Offensichtlich hat man diese Mühen aber nicht gescheut bei der Ausführung der neuen Leitplanken. Hier erfolgte eine sichtbare Änderung der Bauausführung. Die Leitplanken wurden in beide Richtungen deutlich verlängert. Eine Ausführung, die den verständlichen Wünschen der Bürger nach mehr Sicherheit genau widerspricht.
Diese Verlängerung der Leitplanke führt nun dazu, dass der vom Landrat als Sicherheitsraum angeführte Bankettbereich für Fußgänger nicht mehr nutzbar ist - auf der insgesamt 290 m langen Strecke von Ortsschild bis zur querenden Landestraße sind auf der östlichen Seite gut 200 m und auf der westlichen Seite knapp 160 mit Leitplanke verbaut.
Und damit hat die Bauausführung ein weiteres Sicherheitsargument des Landrates ad absurdum geführt - auf dem überwiegenden Teil der Brücke kann man nicht hinter der Leitplanke laufen.
Man fragt sich natürlich, was den Landrat des Kreises Siegen Wittgenstein veranlasst, in einem Schreiben eine solche Sammlung von Argumenten zu formulieren, die nachher von der Bauausführung zunichte gemacht werden. Für die betroffenen Bürger gibt es drei Möglichkeiten:
Egal, welche Vermutung eventuell zutreffen sollte: für einen Landrat als gesamtverantwortlicher Chef der Kreisverwaltung, der noch in diesem Jahr zur Wiederwahl ansteht, keine gute Visitenkarte in der Region.
Und die Bürger Arfelds fragen sich auch, wie sich das Verhalten der Kreisverwaltung bei der Brückensanierung mit folgender Aussage bei der Präsentation der Unfallzahlen 2024 für den Kreis Siegen Wittgenstein deckt?
Hier hatte Landrat Müller als Fazit formuliert: "Wir werden auch weiterhin daran arbeiten, dass Sie möglichst schadenfrei auf unserern Straßen in 2025 unterwegs sein können." Meint er damit nur die motorisierten Verkehrsteilnehmer?
Denn speziell für Fußgänger wird hier eine von den Bürgern schon als gefährlich beurteilte Situation zusätzlich verschärft.
Die Bürger in Arfeld laden den Landrat herzlich ein, die doch so sichere Streckennutzung vor Ort persönlich zu demonstrieren - notwendige Demonstrationsobjekte wie Kinderwagen, Rollator und Wanderstöcke werden gerne vor Ort von den Bürgern gestellt.
Die Bürger sind entsetzt über die unsinnige Bauausführung. In ihren Augen hätte es durchaus Möglichkeiten gegeben, Alternativen einzubringen, wenn die Bürger zuvor Kenntnis von der konkreten Ausführungsplanung gehabt hätten. Aber wie wir schon weiter oben lesen konnten, ist das explizit nicht erwünscht. Es wäre dann nach Meinung der Bürgerschaft aber auch eine Aufgabe der zuständigen Planer gewesen, sich als bürgerfreundliche Verwaltung nach Kenntnis der Bürgerbedenken selbst Gedanken um Möglichkeiten zu machen, die die Sicherheit der Fußgänger an dieser Stelle erhöhen könnten:
Wenn schon der Ermessensspielraum der Verkehrsschaukommission in Richtung Erhalt der freien Strecke, also pro motorisiertem Verkehr, gehen muss, dann hätten die Leitplanken durchaus etwas weiter in Richtung Fahrbahn versetzt montiert werden können. In Einzelfällen lassen dies die RPS (Richtlinien für passiven Schutz an Straßen durch Fahrzeugrückhaltesysteme) durchaus zu.
Parallel dazu hätte man den Bankettbereich, der in der ersten Bauausführung mit asphaltiert worden war, ertüchtigen und wieder aspahltieren können - zumindest auf einer Fahrbahnseite. Dies wäre vor der Montage der Leitplanke relativ einfach umsetzbar gewesen.
Mit diesen beiden Maßnahmen hätte man die Möglichkeiten, die Landrat Müller in seinem Schreiben als Sicherheitsmaßnahmen beschrieben hat, auch tatsächlich geschaffen.
In der Onlineausgabe waren erste ausführliche Berichte schon am Freitagnachmittag erschienen, obwohl die Arfelder ihre Videos und die dazugehörige Internetseite erst Freitagmittag online gestellt hatten. Der Readakteur Lars Lenneper hatte im Rahmen der journalistischen Sorgfaltspflicht auch im Kreishaus nach einer Stellungnahme gefragt - die Reaktion des Landrates über seinen Pressesprecher kam überraschenderweise noch über das Wochenende und fiel durchaus positiv aus (s. nächsten Bereicht).
Obwohl die Videos und diese zugehörige Internetseite erst am Freitagnachmittag veröffentlicht wurden, reagiert der Landrat noch am Sonntag über seinen Pressesprecher auf Anfrage der Siegener Zeitung. Die Siegener Zeitung hatte zuerst über die Aktion der Arfelder in ihrer Onlineausgabe berichtet.
Der Pressesprecher schreibt dort im Namen des Landrates Müller, dass dieser die Aktion gut findet und sich der Sache ernsthaft annehmen möchte. "Warum erst jetzt?", fragen sich die Arfelder Bürger. "Wir hatten ihn doch schon im Oktober zu dieser Sache angeschrieben: hier war aber offensichtlich geantwortet worden, ohne sich der Auswirkungen der Planungen bewusst zu machen." Hätte man die Bügerbedenken seinerzeit ernst genommen, hätte man sicher auch viele Mühen auf beiden Seiten sparen können. Ganz abgesehen von den eventuell entstehenden Kosten = Steuergeldern.
Zur überraschend schnellen Reaktion des Landrates noch am Wochenende meint Ortsvorsteher Kai-Uwe Jochims: "Herr Landrat Müller weiß offensichtlich ganz genau, wann schnelle Schadensbegrenzung notwendig ist! Spricht die Reaktion des Pressesprechers doch selbst indirekt die anstehende Wahl des Landrates im September diesen Jahres an."
Der Landrat lobt in der Stellungnahme auch das Engagement der Bürger für die Sache. Da fragen sich die Arfelder: "Warum wird dann eine Beteiligung der Bürger, z.B. über ihren Ortsvorsteher, bei solchen Planungen im Vorfeld explizit abgeleht? Warum müssen wir erst im Nachgang so mühsam und intensiv reagieren, um eine Chance zu erhalten, unsere Belange einfließen zu lassen?"
Auch der WDR hat sich für seine Berichterstattung in der Lokalzeit Südwestfalen die Situation an der sanierten Brücke angesehen. Der Redakteur Mike Külpmann hat uns mit der Kamera besucht und mit einigen betroffenen Bürgern Szenen an der Brücke im Video festgehalten und Interviews geführt.
Hier der Bericht, der am 16. April ausgestrahlt wurde.
Landrat Andreas Müller hat kurz nach Veröffentlichung der Satirevideos die Situation vor Ort zusammen mit Fachleuten besichtigt und im Anschluss in der Verwaltung besprochen. Am 08. Mai 2025 löste er sein Versprechen ein und kam erneut nach Arfeld, um die Ergebnisse aus der verwaltungsinternen Aufarbeitung mit den betroffenen Bürgern in Arfeld zu diskutieren.
Der Landrat erschien nicht alleine, er hatte eine Delegation von Fachleuten dabei:
Die Arfelder Bürger wiederholten gegenüber der Delegation nochmals ihre Vorstellungen, d.h. Reduzierung der erlaubten Maximalgeschwindigkeit im gerade mal 290m langen Bereich über die Brücke und vor allem Entfernen der Leitplanken vor und hinter der Brücke. In Bezug auf diese Wünsche wurden die Bürger leider enttäuscht. Die Experten der Delegation erläuterten hauptsächlich, warum das nicht möglich ist:
Trotz dieser vorgebrachten Argumente seitens der Verwaltungsexperten sicherte Landrat Müller zu, die Themen Tempolimit und Notwendigkeit der Leitplanken nochmals sorgfältig prüfen zu lassen.
Erfreulich für die Arfelder Bürger - der Landrat hat zusammen mit den Experten zugesichert, dass zeitnah das Bankett auf einer Seite der Straße so aufgearbeitet wird, dass man als Fußgänger auf der gesamten Länge der Leitplanke hinter dieser laufen kann - damit bietet die Leitplanke in diesem Fall einen Sicherheitsraum, der die Fußgänger vom motorisierten Verkehr trennt (so, wie es der Landrat schon in seinem Schreiben vom Oktober 2024 argumentiert hatte).
Aber vor Ort hat man miteinander auch langfristig angelegte deutliche Verbesserungen diskutiert - diese müssen aber erst auf Umnsetzbarkeit geprüft werden. Insgesamt haben die Bürger den Dialog als sehr positiv gesehen.
Der Landrat verabschiedete sich mit Handschlag von allen beteiligten Bürgern und sagte zu, den ertüchtigten Randstreifen ("das aufgehübschte Bankett", Zitat LR Müller) persönlich in Augenschein zu nehmen. Mit den Worten "ich komme gerne wieder..." verließ der Landrat nach fast zwei Stunden Arfeld wieder.
Diese Internetseite wurde kurzfristig geschaffen, um den Unmut der Bürger in Bad Berleburg - Arfeld über die Auswirkungen einer Brückensanierung verständlich zu machen. Sie erläutert ebenfalls die Unzufriedenheit der Bürger in Hinblick auf die Behandlung ihrer Interessen durch die zuständige Kreisverwaltung. Hier kann sich jeder sehr ausführlich selbst ein Bild machen, warum die Bürger mit ihren beiden pointierten Satirevideos auf diese Umstände aufmerksam machen.